Münsters Trainer Philipp Kappenstein hat die Begegnung gegen die Elephants unter das Motto "Do or Die" gestellt und wenn man einen Blick auf die aktuelle Tabelle wirft, sieht man, dass er damit verdammt richtig liegt.
Seine Aussage traf bereits vor der Begegnung zwischen BG Hagen und Düsseldorf am Freitag Abend den Nagel perfekt auf den Kopf, aber der Überraschungserfolg der ART Giants beim Tabellenführer lässt die Tabellenspitze nun noch näher zusammenrücken. Der Sieger der Partie in Grevenbroich bleibt punktgleich mit Hagen mit nur einem Sieg Abstand am neuen Ligaprimus Schwelm dran, der in Herford eine verhältnismäßig leichtere Aufgabe vor der Brust haben dürfte. In der kommenden Woche treffen Münster und BG Hagen dann im direkten Duell aufeinander, so dass unsere heutigen Gäste innerhalb von 14 Tagen entweder die komplette Saison verspielen oder sich eine großartige Ausgangsposition für den Rest der Spielzeit schaffen können.
Die Vorzeichen standen nicht gerade gut für die Elephants, denn mit Simon Bennett (Jetlag) sowie Basti Becker und Farid Sadek (beide Rücken) meldeten sich gleich drei Akteure am Spieltag nur "bedingt einsatztauglich). Pointguard Sadek wurde noch bis drei Minuten vor Spielbeginn vom Düsseldorfer Physio behandelt (für diese super faire Geste noch einmal ein großes Danke) und konnte sich unmittelbar vor dem Anpfiff nur mit großer Mühe die Schuhe schnüren. Dennoch versuchte man es mit dem Routinier in der Starting Five, doch anders als sonst gab es für ihn schon nach 6 Minuten die erste Verschnaufpause.
Es war eine ereignisreiche Woche vor der Auftaktbegegnung gegen Hagen-Haspe. Auf dem Weg zum ersten Training im neuen Jahr war Femi Oladipo mit seinem Auto im Straßengraben gelandet. Das Fahrzeug erlitt einen Totalschaden, der Forward war glücklicherweise nur mit einem Schreck davon gekommen. Am Mittwoch fehlten mit Femi, Simon, Timo sowie Jasper immer noch 4 Akteure und Lukas Katzlauskas konnte aufgrund einer Erkältung gerade mal mit 50% Intensität mitwirken. Erst beim Abschlusstraining war man mit 9 Akteuren komplett und dank eines U16 Spielers konnte man sogar ein wenig 5 gegen 5 spielen. Am Freitag ging für Manager Hartmut Oehmen der Spielberechtigungs-Marathon im Fall Mitchell Penner dann in die zweite, entscheidende Runde. Erst ein persönlicher Besuch bei der ZAV in Bonn sowie unzählige eMails und Telefonate brachten die notwenidigen Formulare zusammen und in allerletzter Sekunde gab es am Nachmittag dann grünes Licht vom DBB.
In der Woche nach der Niederlage in Bonn hatten die Elephants das Training noch einmal angezogen. Was aber nicht etwa als Strafe, sondern eher als Zeichen des Wachrüttelns vor dem letzten Spiel im Jahre 2016 gemeint gewesen war, denn ein Spaziergang würde die Aufgabe in Herten mit Sicherheit nicht werden. Darin war sich zumindest das Trainerduo Oehmen/Bennett einig. Die Mehrzahl der Akteure muss allerdings etwas anderes im Kopf gehabt haben. Anders kann man die teilweise fahrige Einstellung auf dem Feld nicht erklären.
Das erste Viertel sah zumindest vom Ergebnis her noch einigermaßen erträglich aus, denn die Gastgeber führten lediglich mit drei Punkten (23:20), doch in der Verteidigung klafften schon in diesen ersten zehn Minuten riesige Lücken und vom so gefürchteten aggressiven Fastbreak Spiel der Dickhäuter war auch nicht viel zu sehen.
Im zweiten Viertel sollte sich dieser negative Trend trotz einer großen 10er Rotation leider fortsetzen, wobei sich die Hausherren deutlich agiler und zielstrebiger präsentierten. Als besonders beispielhaft für die fehlende Einstellung kann die Szene herangezogen werden, als Hertens Felix Neumann nach einem ergatterten Defensivrebound nahezu unbedrängt von Coast du Coast dribbelt, um ungehindert zu scoren. Wer den schwergewichtigen Center der Löwen kennt weiß, dass dieser nicht zu den schnellsten Protagonisten der Liga zählt, aber dennoch war er in diesem Moment schneller als alle Elephants Akteure.
Der 41:34 Rückstand zur Pause war daher ebenso folgerichtig wie verdient und betrug dennoch "nur" sieben Zähler.
In der Kabine stellte Coach Hartmt Oehmen direkt zu Beginn eine Frage in die Runde: "Wer von euch ist mit seiner Leistung heute bisher zufrieden?" Als die Antwort nur aus betretenem Schweigen bestand verwies er auf die an der Wand hängende Flipchart auf der jeder Gegner mit seinen statistischen Saisonwerten aufgeführt war. Bis auf Kofi Josephs hatte jeder Hertener Spieler seinen bisherigen Punkteschnitt an diesem Abend beinahe schon zur Pause erreicht, was ein eindeutiger Beweis für die bisher unzureichende Verteidigung war. Das müsse sich in der zweiten Hälfte ändern, aber auch im Angriff galt es einiges zu verbessern. Insbesondere die Fastbreaks und das Spiel über die Center waren bisher höchst unbefriedigend ausgeführt worden und so ging man nach einer ungewöhnlich langen Besprechung zurück aufs Feld.
Die Kabinenansprache schien ihre Wirkung nicht verfehlt zu haben, denn nach dem Wiederanpfiff präsentierten sich die Schlossstädter in gewohnt dynamischer Weise und der Vorspung schrumpfte von Minute zu Minute. Als man bis auf ein 48:47 herangekommen war schien es so, als sollte sich das Blatt heute doch noch einmal zum Guten wenden, doch plötzlich fiel man kollektiv wieder in den alten Trott. Die Löwen nutzen diese Konzentrationsmängel umgehend aus und so lag man nach dem Ende des dritten Viertels sogar mit 61:51 zurück.
Nachdem es die Elephants bereits vergeblich mit einer Zonenverteidigung und zwei echten Centern versucht hatten, stellte man nun auf Smallball um, um so das Spiel schneller zu machen und den Druck auf den Gegner zu erhöhen. Doch auch diese Maßnahme sollte scheitern, wobei einige Aktionen geradezu kläglich genannt werden müssen. Trauriger Hauptdarsteller war dabei häufig US Import Sharif Watson, der nicht nur einen Dunking völlig unbedrängt "verstopfte", sondern seinen Kollegen Kazlauskas mit einem freien Pass im Fastbreak gleich um mehrere Meter verfehlte. Am Ende zeigte die Anzeigentafel ein 84:67 an und die Elephants hatten mit zwei Niederlagen in Folge ihre vorangegangene Siegesserie so kurz vor Weihnachten ein wenig realtiviert.
Coach Hartmut Oehmen zeigte sich daher verständlicherweise relativ zerknirscht: "In Bonn war der Gegner wirklich gut und die Niederlage war daher leichter zu verkraften. Heute war Herten nicht stark, aber sie wollten den Sieg einfach deutlich mehr als wir und deshalb haben sie ihn auch völlig verdient eingefahren. Wir haben vor dem Anpfiff noch einmal ausdrücklich darauf hingewiesen, dass bei den Löwen nicht viel von der Bank kommt und wir mit hoher Intensität nur 5 Akteure zermürben müssen. Am Ende waren es dann auch nur ganze 2 Hertener Punkte von der Bank, aber wir waren nur in der Phase direkt nach der Pause in der Lage, die geforderte Intensität an den Tag zu legen. Darüber werden wir intern reden müssen."
Bereits in der Vorsaison als auch im Rahmen des WBV Pokals konnten die Elephants ihre Begegnungen bei Telekom Bonn 2 nicht gewinnen. Schlimmer sogar, man hatte im Grund zu keiner Phase des Spiels eine echte Chance auf den Sieg. Dies sollte diesmal anders werden, denn schließlich bestand die Möglichkeit, bei einer parallelen Heimniederlage von Münster gegen Schwelm die alleinige Tabellenführung zu erreichen. Coach Hartmut Oehmen hatte sich daher eine riskante Taktik für die Anfangsphase ausgedacht, denn in der Starting 5 mit Farid Sadek, Lukas Kazlauskas, Basti Becker, Marko Boksic und Raed Mostafa fehlten mit dem Amerikaner Sharif Watson und Center Jasper Chiwuzie gleich zwei gesetzte Stammkräfte, die insbesondere für eine Menge Rebounds verantwortlich zeichnen. Dafür wollte man besonders schnell und aggressiv zu Werke gehen, um im dritten Anlauf nicht wieder die gleichen Fehler wie in den beiden vorangegangenen Versuchen zu machen.
Der Plan ging auf und nach drei Minuten nahm Bonn bei einem 3:9 Rückstand bereits die erste Auszeit. Nach sechs Minuten kamen wie zuvor besprochen Watson und Chiwuzie für Kazlauskas und Becker ins Spiel und auch mit dieser Formation sah es zunächst gut aus. Aber bereits vor dem Ende des ersten Viertels wurde man in der Verteidigung wieder etwas nachlässiger und sofort standen die Hausherren auf der Matte (27:24).
Eindringlich beschwor man in der Viertelpause die geplanten Tugenden in Sachen Defense, doch die Taktik des "alles switchens", die eigentlich die Aggressivität steigern sollte, wurde von beinahe allen Akteuren dazu genutzt, sich aus der Verantwortung zu switchen. Nach dem Motto "nimm du ihn, ich hab ihn nicht" gelang es Magenta die Führung sukzessive auszubauen und so stand es nach 20 Minuten 53:40 für die Gastgeber.
Erneut ging man also in Bonn mit einem zweistelligen Rückstand in die Kabine und die Halbzeitansprache verlief aufgrund des aufgegebenen Konzeptes entsprechend. Geschlagen geben wollte man sich aber noch lange nicht. Köpfe hoch und positiv in Halbzeit 2 starten war das Fazit und so ging es wieder runter in die Halle.
Nach dem Wiederanpfiff schmolz der Rückstand binnen weniger Minuten dank starker Verteidigung auch auf 7 Zähler zusammen, doch Bonn fand erneut ein Mittel, sich des Druckes zu erwehren und schlug gekonnt zurück. Trotz einer deutlichen Leistungssteigerung gegenüber der Zeit vor der Pause hatte das dritte Viertel den Schlossstädtern nicht viel Zählbares eingebracht. Der Rückstand konnte gerade mal um ein mickriges Pünktchen verkürzt werden, aber noch waren ja 10 Minuten zu spielen.
Hoch motiviert ging man also in den Schlussabschnitt und in der 35. Minute gelang dem späteren Topscorer Sharif Watson dann tatsächlich sogar der Ausgleich. Im darauf folgenden Gegenzug blieb Bonn ohne Korberfolg, doch auf dem Weg die Führung weiter auszubauen, fiel nun plötzlich die elektronische Anzeigentafel aus. Die Unterbrechnung dauerte nur knapp drei Minuten, doch der Run der Elephants war erfolgreich gestoppt. Beim anschließenden, unsauber ausgeführten Einwurf von Raed Mostafa auf Farid Sadek rutscht der Pointguard dann auch noch unglücklich weg, so dass ein Bonner Akteur alleine auf den Korb zuläuft und ungehindert die erneute Führung erzielen kann. Das Momentum war dahin, aber dennoch blieb es noch eine Zeit lang knapp. In der Schlußphase sah man sich gezwunden, die Uhr zu stoppen, doch Bonn blieb an der Linie cool und im Gegenzug verfehlten die Grevenbroicher Dreier zweimal in Folge ihr Ziel.
Am Ende hieß es 83:77 und die Elephants hatten den Angriff auf die Tabellenspitze aufgrund einer ausgezeichnet eingestellten Bonner Truppe sowie einer schwachen Defense im zweiten Viertel nicht erfolgreich gestalten können. Ob man nach der Niederlage von Münster gegen Schwelm nun glücklich oder traurig sein soll wird die Zukunft zeigen müssen. Fakt ist, dass mit Hagen, Münster, Schwelm und Grevenbroich nun gleich 4 Teams mit drei Niederlagen punktgleich an der Tabellenspitze stehen. So spannend war die Regionalliga zum Ende der Hinrunde schon lange nicht mehr.